Samstag, 15. September 2007

Mutter Teresa

Liebe Freunde,
letzte Woche hatte ich Einblick in einen Teil der russischen Gesellschaft, der mir zwar auf den Strassen begegnet, den ich aber versuchte nicht so zu beachten oder aber mindestens gedanklich verdrängte.
Ein Kollege in unserer Geschäftsleitung ist Inder und zieht nach 7 Jahren in Moskau nach Singapur weiter. Seine Frau hatte das Haus von Mutter Teresa in Moskau unterstützt und er bat mich, ob ich diese Unterstützung nicht weiterführen könnte. So sind wir an einem Abend zum Moskauer Haus von Mutter Teresa gefahren. Es war ein eindrückliches, bedrückendes und zugleich hoffnungsvoll und nachdenklich stimmendes Erlebnis.
Die Schwestern unterstützen Menschen, die durch alle Netze der Gesellschaft gefallen sind und auf der Strasse leben. Sie betreiben eine Gassenküche und bieten etwa 60 Menschen ein Zuhause, bis diese ihr Leben wieder selbstständig meistern. Viele dieser Menschen haben Alkoholprobleme, einige sind körperlich und geistig behindert. Die Jüngsten sind 20 Jahre alt, die Ältesten über 80. Vielen ermöglichen die Schwetern einen würdevollen letzten Lebensabschnitt bis zum Tod. Auf Grund der grossen Kälte im Winter mussten vielen der Bewohner Glieder amputiert werden, da sie betrunken und ungeschützt über längere Zeit in der Kälte blieben.
Das Haus ist sehr einfach eingerichtet, mit einer Küche, einem kleineren Essaal und verschiedenen Schlafräumen. Es hat eine kleine Kapelle und einen Raum in welchem die Alkoholiker ihre Therapien erhalten.
Vier Dinge sind mir während meines Besuches besonders aufgefallen:
  • Ich weiss wenig bis gar nichts über das Leben dieser Menschen, denen ich doch täglich auf der Strasse begegne. So habe ich erfahren, dass diese Leute fast 'süchtig' sind nach dem Leben auf der Strasse und für sie schwierig ist, davon loszukommen. Auch haben sie untereinander klare Regeln, so zum Bsp. haben sie eigentliche Territorien in welche sie gehören und sie können sich nicht einfach frei in der Stadt bewegen.
  • Die Schwestern, welche dieses Haus betreiben, haben sich von sämtlichen materiellen und statusorientierten Dingen des Lebens verabschiedet und widmen sich voll und ganz diesen bedürftigen Menschen. Das beschäftigt mich noch immer, natürlich auch vor dem Hintergrund meines eigenen Denkens und Tuns.
  • Mutter Teresa ist in diesem Haus allgegenwärtig. In Gesprächen, auf Bildern, in den Zimmern. Unaufdringlich, fast nebensächlich - aber immer präsent.
  • Das Haus ist voller Fröhlichkeit. Die Schwestern hatten immer ein Lächeln für die Bewohner und sie strahlen eine unglaubliche Gelassenheit und Fröhlichkeit aus. Ich hatte jederzeit das Gefühl, dass sie mit dem Leben und mit sich selbst völlig im Reinen sind. Eindrücklich.

Auf alle Fälle werde ich die Unterstützung für das Mutter Teresa Haus in Moskau übernehmen und weiter führen. Diese Menschen haben es ganz einfach verdient, dass man etwas für sie tut.

Do svidanija,
Matthias

Mittwoch, 5. September 2007

Dnjepropetrovsk

Liebe Freunde,
nach einem ruhigen Wochenende, bin ich soeben von einer dreitägigen Geschäftsreise aus der Ukraine zurückgekehrt. War wieder einmal ein richtig gutes Erlebnis, aber alles der Reihe nach.
Am Montag bin ich bereits um 7 Uhr von Moskau nach Kiev geflogen. Für den Weg an den Flughafen in Moskau haben wir für einmal genau 25 Minuten gebraucht, normalerweise kalkulieren wir 1 1/2 Stunden für denselben Weg. Nach einem guten Flug und kurzer Fahrt mit Stau in Kiev (es hat zuwenig Brücken in Kiev) bin ich bereits um 9:30 im Unilever Büro angekommen. Hatte einen intensiven Tag mit meinem HR Team vor Ort und verschiedenen Gesprächen mit wichtigen Mitarbeitern. Um 18 Uhr fuhr ich dann wieder los Richtung Flughafen, da mein Flug von Kiev nach Dnjepropetrovsk um 21:00 geplant war. Am Flughafen dann die Überraschung, kein Flug um 21:00. Nach einigen Problemen habe ich dann herausgefunden, dass der Flug bereits um 20:05 geht! Also schnellstens ans Check-In und zum Gate. Musste dann doch noch etwas warten am Gate - und wähnte mich an einem Model-Wettbewerb. Eine Frau schöner als die Andere, wirklich fast unglaublich. . . .
Der Flug mit einer YAK42 ging dann gut über die Bühne (Freunde, die YAK42 ist ein wirkliches Erlebnis, Fliegen der anderen Art!) und so kam ich am späteren Abend in Dnjepropetrovsk an. Das Hotel wirklich schön, das Zimmer gross wie eine Turnhalle.
In den kommenden zwei Tagen haben wir dann Dnjepropetrovsk und Umgebung, viele Shops, mittelgrosse Läden und Einkaufszentren besucht. Wir haben dem historischen Herzen der Ukraine einen Besuch abgestattet (15. Jahrhundert), in sehr guten Restuarants gegessen, viel mit unseren Mitarbeitern gesprochen und das Ganze auf uns einwirken lassen. Und dann das Wetter: Sonnenschein, 32 Grad!
Und ich darf euch sagen: Dnjepropetrovsk ist wirklich eine Reise wert, ich war total überrascht. Ich hatte eine grosse (1.5 Mio. Einwohner), schmutzige und ein wenig verwahrloste ukrainische Industriestadt erwartet. Vorgefunden habe ich dann eine relativ saubere, im Kern moderne und schöne Stadt, mit wunderschönen Flusspromenaden am Dnjepr, einer fast mediterranen Stimmung und sehr herzlichen Menschen. War wirklich cool!
Am letzten Abend haben wir dann auch noch den Besitzer einer unserer Distributorenfirmen zum Abendessen getroffen. Extrem spannend! Stellvertretender Vorsitzender des Stadtparlamentes, Besitzer von etwa 10 verschiedenen Firmen, einiges am Geschäftsgebaren am Rande der Legalität - aber ein Vollblutunternehmer und sehr herzlicher Mann. Wir haben viel über ukrainische Politik, den Übergang zur Marktwirtschaft, die Gesellschaft im Wandel und das Geschäft gesprochen. War ein tolles Gespräch und ein toller Abend! Er hat uns bereits für die Euro 2012 eingeladen - und er meinte es sehr ernst! Das war wieder eines dieser Erlebnisse, die einem fürs ganze Leben bleiben und die einfach unglaublich lehrreich sind. Ich bin wirklich dankbar dafür, dass ich das erleben darf.
Bin heute Abend voller Gedanken, Bilder und Erinnerungen aus der Ukraine nach Hause gekommen.
Do svidanija,
Matthias