Sonntag, 13. April 2008

Novosibirsk

Liebe Freunde,

die vergangene Woche stand im Zeichen von zwei geschaeftlichen Reisen. Am Montag besuchte ich unsere Fabrik in Tula. Die Fahrt dahin mit dem Auto dauert in etwa drei Stunden. Leider ist die Strasse nach Tula nicht in einem sehr guten Zustand, so dass man fruehmorgens so etwas wie eine kleine Nackenmassage erhaelt.
Die Fabrik in Tula laeuft sehr gut und ich hatte gute Gespraeche mit vielen Mitarbeitern. Auch die Fabrik der von uns gekauften Glace-Firma "Inmarko" habe ich besucht, da diese unweit unserer Fabrik ebenfalls in Tula steht. Der Fabrikdirektor Ivan macht da wirklich einen tollen Job und holt das Beste aus sehr alten Gebaeuden heraus. Am besten gefallen hat mir sein Buero im Sowjet-Stil. Riesengross, schwere Vorhaenge, gross gemusterte Tapeten und ein gigantischer Konferenz-Tisch mit etwa 20 Plaetzen. Was wie ein Buecherregal aussieht entpuppt sich als versteckter Eingang in ein zweites Buero mit Bar, mehreren Tischen und Sofas. Was fuer ein Kontrast zu unseren modernen und anonymen Buerotuermen!
Am Dienstag bin ich dann mit einer Mitarbeiterin nach Novosibirsk geflogen um den Hauptsitz von "Inmarko" und die Glace-Fabrik dort das erste Mal zu besuchen. Der Flug dauert etwa vier Stunden und mit den 3 Stunden Zeitverschiebung ist der Tag dann praktisch gelaufen. In Novosibirsk leben etwa 1,5 Millionen Menschen, bei unserer Ankunft war es kalt und es schneite leicht. Wir waren in einem Hotel sowjetischer Bauart untergebracht, sehr traditionell, aber guter Standard. Am Abend wurden wir von der HR-Direktorin zum Essen eingeladen. Das sibirische Essen (viel Kohl und Fisch) war gut und wir hatten ein sehr interessantes erstes Gespraech. Schon in diesen drei Stunden lernten wir viel ueber Novosibirsk und "Inmarko". Die Bueros von "Inmarko" sind in einem riesigen Universitaetskomplex ausserhalb Novosibirsks untergebracht. Dieser Komplex wurde waehrend des Krieges erstellt um Forschung und Wissenschafter von Moskau weg in eine sichere Region zu verlegen. Der ganze Komplex hat wahrhaftig gigantiche Ausmasse, befindet sich aber in einem nicht mehr ganz taufrischen Zustand. Mittwochs und Donnerstags hatten wir dann verschiedene Sitzungen und Workshops mit Mitarbeitern von "Inmarko" und haben auch die Fabrik besucht. Die Leute haben uns herzlich empfangen, waren ausgesprochen hilfsbereit und sind in einem positiven Sinne sehr offen und neugierig. Sie wollen lernen wie Unilever Dinge angeht und was sie fuer sich verbessern koennen. Mit einem sehr positiven Fazit und vielen neuen Eindruecken sind wir dann zurueck nach Moskau geflogen.
Am Abend hiess es dann Koffer packen, am Freitag im Buero das Wichtigste erledigen und dann war es auch schon Zeit fuer den Aufbruch zum Flughafen. Es ist Ferienzeit und ich schreibe diesen Blog bereits in Bangkok. Aber das ist ein Thema fuer das naechste Mal.

Do svidanija,
Matthias

Samstag, 5. April 2008

Tyumen

Liebe Freunde,
es war wieder einmal eine ereignisreiche Woche. Nach einem (sehr) kurzen Abestecher in die Schweiz von letzter Woche, stand diese Woche stand eine Reise nach Tyumen auf dem Programm. Tyumen ist eine Stadt mit 500'000 Einwohnern und liegt hinter dem Ural in West-Sibirien. Der Flug von Moskau dauert etwa 2 1/2 Stunden, die Zeitverschiebung beträgt 2 Stunden. Da mein Flug auf 11:20 angesetzt war und man in Moskau wegen dem Verkehr früh von zu Hause weg muss, war praktisch der ganze Tag mit dieser an sich kurzen Reise ausgefüllt und ich kam gegen vier Uhr nachmittags in Tyumen an.
Die Gegend von Tyumen wird geprägt durch das Öl- und Gasgeschäft und viele dieser Konzerne haben in Tyumen administrative Zentren eingerichtet. So sieht man in der Stadt recht viele moderne Bürobauten, auf denen die Logos von Lukoil, Gasprom und anderen Ölfirmen zu sehen sind. Es wird unglaublich viel gebaut in Tyumen und es entstehen ganze Stadtteile neu. Es werden Fabriken gebaut am Stadtrand, riesige Einkaufszentren entstehen und man spürt den wirtschaftlichen Aufschwung fast hautnah. Tyumen ist eine schöne Stadt, ich war wieder einmal positiv überrascht. Viele schöne Kirchen und ältere Gebäude, weitläufige Parks und der Fluss Tura, der sich mitten durch die Stadt schlängelt.
Nach der Landung auf dem kleinen Flughafen, wurde ich von unserem lokalen Verkaufsteam abgeholt. Nach dem Einchecken im Hotel (guter Vier-Sterne Standard) trafen wir die gesamte lokale Verkaufsmannschaft zu einem Treffen - es entstand eine angeregte Diskussion mit vielen Fragen. Danach gings zum Nachtessen. Das von uns besuchte Restaurant bot sibirische Kost an und war auch entsprechend eingerichtet, fast ein kleines Museum: Rentierköpfe, Zelte, Hundeschlitten etc. Das Essen war ausgezeichnet. Besonders geschmeckt hat mir der gefrorene und sehr dünn geschnittene Fisch. Nach reichlich Vodka und grünem Tee haben wir uns blendend unterhalten und einen schönen Abend verbracht. Als Beilage zum abschliessenden Tee gab es Pinienharz, als eine Art lokaler Kaugummi -na ja . .
Am zweiten Tag besuchte ich mit dem Verkaufsleiter in Tyumen viele Einkaufszentren und Shops um mir einen Überblick über die Situation unseres Geschäftes vor Ort zu machen. Nach dem Mittagessen in einem sehr schönen, guten und nach Moskauer Standard günstigen Restaurant fuhren wir dann zur Universität, wo ein Vortrag vor Wirtschaftsstudenten geplant war.
Am Haupteingang angekommen wimmelte es von Studenten (es studieren insgesamt 5000 Studenten Finanzen und Betriebswirtschaft). Eine ältere Frau winkte mir von weitem und schien mich zu erwarten. Ich folgte ihr und sie lotste mich an allen Sicherhheitsbeamten vorbei in den dritten Stock. Eigentlich hatte ich erwartet in einen Hörsaal geführt zu werden, aber plötzlich stand ich in einem stattlichen Büro, wo eine etwa 55-jährige Frau mich enthusiastisch auf Englisch begrüsste und begann mir die Universität vorzustellen. Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung wer die Frau war, aber mir begann klar zu werden, dass sie wohl irgendwas mit der Leitung der Universität zu tun hatte. Nach ein paar Minuten dann führte sie mich ins Auditorium, wo der Vortrag statt fand. Etwa 150 Studenten besuchten unsere Veranstaltung, was mich positiv überraschte, da Unilever in dieser Gegend - wie überhaupt in Russland und der Ukraine -als Unternehmen fast unbekannt ist. 90% der anwesenden Studenten waren Frauen, sie waren interessierter und aufmerksamer als die Studenten in Moskau und hatten viele Fragen, so dass die Veranstaltung insgesamt fast zwei Stunden dauerte. Im Anschluss an den Vortrag führte mich die Dame in ein anderes Büro, grösser und schöner eingerichtet, wo ein wiederum älterer Herr mich erwartete. Wie sich später herausstellte war dies der Direktor des Instituts für Finanzen und Betriebswirtschaft. Er wollte wissen, weshalb wir diese Veranstaltung organisierten, was unsere langfristigen Ziele in Tyumen seien und ob wir an einer engeren Zusammenarbeit mit der Universität interessiert seien. Er sei an einem Meinungsaustausch sehr interessiert und würde gerne meine Beratung in Anspruch nehmen, was sie in bezug auf die Ausbildung verbessern könnten. Natürlich habe ich keine Ahnung, was genau an dieser Universität unterrichtet und gelehrt wird, so dass ich mich in Höflichkeitsfloskeln flüchten musste. Wir unterzeichneten eine Zusammenarbeitsvereinbarung (mit Handschlag und Photos wie bei einem Staatsvertrag) und tauschten kleinere Geschenke aus. Für mich war es eine Begegnung der "sowjetischen" Art und wiederum eine neue Erfahrung. Der Direktor war sehr freundlich und interessiert, gab mir aber auch zu verstehen, dass er in bezug auf Betriebswirtschaft bildungsmässig für ein Gebiet verantwortlich sei, dass 5x grösser sei als Europa (!) und dass sich Unilever beeilen müsse mit der Zusammenarbeit, denn es seien viele Firmen interessiert. Das Ganze war wiederum eine neue Erfahrung für mich, werde mich vor dem nächsten Universitätsbesuch in Sibirien auf alle Fälle besser vorbereiten . . .
Kommende Woche stehen drei weitere Reisen auf dem Programm. Am Montag besuche ich unsere Fabrik in Tula, Von Dienstag bis Donnerstag werde ich in Novosibirsk zum ersten Mal unsere neue Glacé-Firma besuchen und am Freitag schliesslich geht es dann ab in die Ferien nach Thailand und Singapur.
Do svidanija,
Matthias